Die Tütenreise - 1973
SY Antares / ASV i.M.
Die Tütenreise
Anläßlich eines Weißbierfrühstücks auf der Terrasse in Herrsching, es muß vor Pfingsten 73 gewesen sein, wurde der schaumgeborene Ge-danke, der sich aus dem herrlichen Blumenbild der vielen Weißbiere ergab, unverzüglich in die Tat umgesetzt, einen Kurztörn auf der Ostsee zu machen. Crewsorgen gab es nicht, denn ehe verschiedene BbBb ihre Biere absetzten, war die Crew vollzählig, allerdings war der Skipper noch abgängig. Doch das Organisationstalent, erfahren in der Ausführung solcher Reisen, brachte innerhalb Stunden auch den abgängi-gen Skipper auf die Beine bzw. dessen Zusage zustande. Ein Teil der Crew fuhr nachts zum 21.6. nach Heiligenhafen, während der "Tüten-reisende" mit der literarischen Betreuung erst am 21.6. gegen 12 Uhr vor der Sakuth-Werft eintraf, sehnlichst erwartet von den übrigen, da wir das Geld für den Transit dabei hatten. Wir konnten sofort auslaufen, obwohl die Kombüse bzw. der Herd noch total unklar war. Trotzdem konnte während der Transitübernahme zu-nächst ein gutes Mahl für die Crew gezaubert werden. Aber anscheinend war Rasmus dieser Mahlzeit nicht wohl gesonnen, oder wollte er seinen Teil abhaben, ehe es gar war? Was Smut gerettet hatte mit List, als der unklare Herd wegschwoite, warf der Skipperaspirant Bertram mangels scharfem Durchblick ins Hafenbecken von Heiligenhafen. Zwar nicht alles, aber die Mittagsration wurde dadurch doch sehr klein. Nach Ausklarierung fuhren wir bei herrlichstem Sonnenschein und nordöstli-chem Wind Kurs Bagenkop, wo wir in der Dämmerung ankamen. Es folgte eine ge-mütliche Farmersnight, da wir vom Vortage und der Nacht müde waren. Am nächsten Morgen mußten zunächst die vielen Taten klariert wer-den, um zu sehen, wo was drin war und wem welche Tüte gehörte. Früher fuhr man mit See-säcken, im schlimmsten Fall standen überall Omas Reisetaschen herum. Neuerdings scheint auf ASV Reisen die "Tüteritis" eingerissen zu sein. Doch nehme ich an, daß sich mittlerweile herumgesprochen hat, wo man gute Seesäcke bekommen kann. Tips wurden wenigstens von eingeweihten Kreisen gegeben und soviel der scribent feststellen konnte auch aufgenommen.
Am 22. ging der Kurs weiter nach Svendborg. Unterwegs konnte zur Freude der sich an Bord befindlichen "Jollensegler" eine andere Yacht, die anscheinend dasselbe Ziel hatte, zweimal ausgetrickst werden. In Svendborg lag einlau-fend das schwedische Segelschulschiff "GLADAN" an der Pier, wo augenscheinlich eine größere Party geladener Gäste begann. Es ist den ASVern anscheinend nicht gelungen, wie es am Ammersee oft gelang, sich unter die an-wesenden Gäste zu mischen. Es ist anzuneh-men, daß das mitgeführte Bier besser war als der Ausschank auf der GLADAN Verschiedene Crewmitglieder machten sich sehr landfein, aber Kontakt zur weiblichen Bevölkerung konnte
zwar trotz Suchens nicht gefunden werden. Vielleicht lags auch daran, daß der berühmte "Aufreißer" nicht mit dabei war. So war es auch nicht notwendig, daß am nächsten Morgen der Blaue Peter gesetzt werden mußte, da die Crew vor Auslaufen bereits vollzählig versammelt war. Am 23. liefen wir Kurs Nyborg. Unterwegs ka-men ein paar Spritzer von oben, der Himmel bezog sich ein wenig, sodaß es schon aussah, als ob die Reise, dies schön begann, mit Regen endet. Auch in Nyborg machten sich verschie-dene Crewmitglieder wieder landfein. Aber es schien, als ob alle Mädchen zur Mittsommer-nacht nach Kopenhagen gefahren wären. So blieb nichts anderes übrig, als sich den mitge-nommenen literarischen Genüssen zu widmen. Die Zeit reichte kaum aus um alles zu genießen. (Wer jetzt etwa meint, es handelte sich um die einschlägige "skandinavische Literatur", ist völlig auf dem falschen Kurs. Es gibt genügend altes Kulturgut, das in den vergangenen Jahren in Vergessenheit geriet und für das die jungen ASVer Interesse haben es weiter zu geben). Der 24. brachte uns wieder auf Kurs Heiligenhafen. Wieder schien die Sonne und mit einer schönen Backstagsbrise lief die ANTARES bis zu 9 knops. Als der Wind etwas abflaute, wurde der Randattel angestellt, obwohl der sich an Bord befindliche Sachverständige in Sachen Wind sehr dagegen wehrte. Es ist diesem auch heute noch nicht klar, warum sich der Verantwortliche in Sachen Schiffsführung so sehr dagegen wehrte, den Motor auszumachen Es kann nur angenommen werden, daß in einer Kleinstadt in Schleswig Holstein noch ein wichtiger Termin am Sonntagabend wahrgenommen werden mußte. Nach verzweifelter Suche nach einem Zöllner konnten wir endlich einklarieren und bei einbrechender Dunkelheit die ANTARES an den Liegeplatz in der Werft fahren, wo zu unser aller Freude bereits ein anderer lag, so daß wir am nächsten Morgen, als wir eigentlich abfahren wollten, erst noch zwei Verholmanöver machen mußten.
Die Heimfahrt verlief getrennt. Der Tütenreisen-de hatte nebst seinem Begleiter großes Glück, während der Rest der Crew, anscheinend ange-steckt vom fabelhaften "Geläuf" des ANTARES-Motors, dem VW-Motor zuviel zumutete, Jeden-falls kann man hier nur feststellen: der Motor der ANTARES läuft wie ein "Glöck' l, ein VW-Motor trotz des großen Werbegags: und läuft... und läuft... und läuft.... nicht immer. Zum Glück wars ganz in der Nähe von unserem Bb Werner, der sich sicherlich sehr freute, daß endlich einige ASVer nicht nur durch Hannover durch-fuhren, sondern einmal auch auf der Strecke bleiben und seine Gastfreundschaft in Anspruch nehmen konnten.
Fazit:
Auch ein Kurztörn hat seine Reize, wie das verschmitzte Lächeln unseres Bb zu sagen scheint. Wer dabei war kennt ihn.
Jost †
Zeit: 21.6. - 24.6.1973
Reisetage: 4
Strecke: 175 sm
Route: • Heiligenhafen
> Bagenkop
> Svendborg
> Nyborg
• Heiligenhafen
Mitsegler:
Helmut Skipper
Ralf Schifferaspirant
und
"Tütenreisender"
Bertram dsgl.
Per Asmuss dsgl.
Jürgen Bestmann
Jost Mitreisender
zwecks literarischer
Betreuung der
Crew und Einwei-
sungshilfe in Sa-
chen Kombüse und
Pumpklosett