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Azoren-Reise
SY Antares / ASV i.M.
AzorenReise
Auch wenn damals kein Bericht zu dieser Reise erschienen ist, muß ich „nachträglich“ kurz da-rüber berichten, denn es war eine Schicksals-reise, ohne die eine Chronik zur ANTARES un-vollständig wäre: Nach dieser letzten ASV-Reise wurde die Antares nämlich verkauft. Die näch-sten Eigner haben das Schiff dann in langer und mühseliger Arbeit restauriert und vieles wieder in den Originalzustand versetzt. Später ist die Yacht dann leider im Winterlager verbrannt!
Doch nun zur Rücküberführung vom Mittelmeer nach Hamburg. Sie fand in drei Etappen statt mit folgenden Zwischenhäfen:
1.Malaga 28.7.14.8.77
> Gibralter
> Madeira
> St. Miguel (Azoren) 1349 sm
2.St. Miguel (Azoren) 15.8.-1.9.77
> Horta (Azoren)
> Cherbourg 1610 sm
3.Cherbourg 2.9.-9.9.77
> Hamburg 601 sm
Ingesamt dauerte die Reise 43 Tage vom 28.7. - 9.9.77. In dieser Zeit legten wir 3560 sm zurück, also ca. 83 sm/Tag.
Auf der Reise bzw. den Etappen waren dabei:
Etappen I II III
Bb Per Amuss, Skipper x x x
Bb Bernhard x x x
Bb Thomas x x
Tom (Gast) x x
AH Ernst x
AH Heinz x
AH Peter x
AH Werner x
Hendrik (Gast) x
Bb Günter x
Bb Michael x
Bb Paul x
Bb Ralph x
Die Verpflegung war auf den ersten beiden Etappen hervorragend: Wir schwelgten in Schweizer Delikatessen, da Tom – gelernter Koch mit guten Beziehungen in die Touristik-branche – so viel wie möglich in Zürich einge-kauft hatte und die „Last“ per Flugzeug nach Malaga einfliegen ließ! Es war wahrlich lukul-lisch. So genossen wir z.B. vor jeder Mittags-mahlzeit einen Apero mit erstklassigem Port oder Sherry und Bündner Fleisch. In den weni-gen Häfen, die wir angelaufen hatten, ging Tom in aller Herrgottsfrühe auf den Markt und sorgte für frischen Nachschub: Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, Wein, usw. Unvergeßlich bleibt mir auch das Captains Dinner in Horta: Hummer, frisch aus dem Meer, häuften sich auf der Back, gekonnt zubereitet von Tom … … …
Auch in Funchal auf Madeira genossen wir das Leben: Dort warteten 3 + 1 Nixen unserer See-bären im luxuriösen Hotel auf uns. Natürlich nutzten wir die Duschen des Hotels ausgiebigst und einige prüften auch, ob die Hotelbetten weicher als die AntaresKojen waren. Da sie wie-der an Bord kamen ist der Test wohl zu Gun-sten der Antares ausgefallen!
Der Wind war sehr wechselhaft:
Auf der ersten Etappe machte er sich rar. Die Flaute führte zu manchen Diskussionen über Sinn und Unsinn eines Motors an Bord einer Segelyacht, insbesondere bei unzureichenden Dieselvorräten (600 sm bis auf die Azoren in der Flaute motoren?). Denn leider warteten fest ge-buchte Rückflüge nicht auf die dort Aussteigen-den und die Seenixen in der Heimat. Aber ein Segeltörn ist halt keine Kreuzfahrt mit einem Dampfer über 175 m Länge!
Zu hause fand ich übrigens eine Postkarte aus Horta auf den Azoren vor:
„Lieber Per,Horta, 17.8.77
heuer verbringe ich meinen Urlaub auf der ANTARES und segle über die Azoren nach Hamburg. Eben habe ich das ASV-Wappen auf die Kaimauer gepinselt. Mit dem Skipper geht es recht gut, manchmal brechen maschinen-unfreundliche Momente durch.
Viele Grüße Thomas Karl“
Auf der zweiten Etappe segelten wir mit gutem Wind (4 Bft) frohgemut von Horta (Azoren) hin-aus nach NNE. Der Wind legte ganz allmählich zu. Nach einigen Tagen erreichte er Sturmstär-ke. Es erwischte uns eine Front mit gehörig viel Wind. Damals habe ich wohl etwas untertrieben (aus mangelnder Erfahrung und auch aus Angst durfte es einfach nicht so schlimm sein, wie es tatsächlich war, andererseits waren wir auch stolz soviel Wind zu erleben und zu meistern), aber heute würde ich rückblickend sagen, daß es wohl so um die 11 oder 12 Bf gewesen wa-ren (inzwischen habe ich auch gemessene 6570 kn = 12 Bf vor Kap Hoorn erlebt). Die Folgen waren entsprechend: Wir hatten kein heiles Se-gel mehr an Bord: das alte, morsche Trysegel stand beim Setzen keine Minute: es zerriß und riß anschließend durch das Schlagen auch noch die Trysegelschiene aus dem Mast! Ich habe den Korkenzieher später abgesägt, damit er nicht das Großsegel aufschlitzt – heute liegt er als „Trophäe“ in meinem Bücherschrank. So trieben wir vor Top und Takel. Rießige Wogen hoben uns wie in einem Fahrstuhl in die Höhe und anschließend fielen wir in das nachfolgende Wellental. Später wurden wir von Brechern nicht nur geduscht, sondern wie in einer Waschan-lage „mit Druck von allen Seiten gewaschen“. Sie donnerten auch von unten gegen das über-hängende Heck. Zu Hause in Hamburg stellten wir dann fest, daß dadurch 1 oder 2 Planken einen Knacks bekommen hatten. Wir machten Wasser und mußten regelmäßig lenzen. Wer lenzte mußte im Motorraum eingesperrt werden, damit nicht eine überkommende See das höl-zerne Motorluk mitnehmen konnte (dazu konnte ich schon auf Erfahrung zurückgreifen, die ich 1978 vor Portugal gesammelt hatte, vgl. > „Die lange Reise“). Alle 30 Minuten wechselten wir uns ab. Nach einiger Zeit fiel eine der beiden Lenzpumpen aus. Nachts saßen Bernd und ich angeleint im Cockpit und versuchten das Boot wenigstens einigermaßen vor der sich achtern immer wieder hoch auftürmenden und dann auf uns herniederprasselnden See zu halten – bloß nicht querschlagen! Das ging solange gut, bis uns eine große Welle erfasste, die uns leicht wie eine Feder hochhob, uns einmal um 360° im Kreise herumdrehte um uns anschließend in das nachfolgende Wellental zu werfen. Dabei wurde das Ruder bzw. die Pinne bis zum Anschlag zur Seite gedrückt und klemmte uns zwischen Pin-ne und Cockpitschanzkleid ein, es machte kurz Knack und wir hielten die neue, starke, form-verleimte, von Alfred Peetz gebaute Pinne lose in unseren Händen. Da war es vorbei mit Steu-ern, wir hatten kein Ruder mehr im Schiff. So
blieb uns nichts mehr anderes übrig als zu hof-fen und zu beten, nochmal davonzukommen. Wir sprachen uns gegenseitig Mut zu und zähl-ten die Stunden, Minuten – wann endlich steigt das Baromtere wieder? Da, endlich. Aber kurz darauf fiel es wieder: Wir erlebten einen Trog! Der stärkste Wind kam dann auch noch. Erst nach etwa 24 Stunden begann der Wind wieder abzunehmen. Bei aller Furcht, die wohl jeden an Bord gepackt hatte, war es ein faszinierendes Schauspiel: Die Sonne schien vom wolkenlosen, blauen Himmel und tauchte die Wogen und Brecher in gleißen-des Licht. Nachts wurden wir im fahlen Schein des Mondes über die See geritten. Und der Wind pfiff, surrte und brüllte dazu in allen Tonla-gen im Rigg, untermalt vom Grollen der eins um andere Mal daherrollenden, nimmer müde wer-denden Brecher.
Nach zwei Tagen hatte sich der Wind gelegt. Unsere Lebensgeister regten sich wieder. In der folgenden Flaute hieß es erstmal die Schäden sichten und soweit möglich zu reparieren. Man-cher Behelf wurde erfunden. Optimimismus machte sich breit doch noch irgendwie nach Hamburg zu kommen. Zum Glück hatten wir noch den Reststummel der alten Originalpinne an Bord, die Harry in einer Flaute vor Ägina beim „wriggen“ abgebrochen hatte. Und Segel nähen ist gar nicht so schwer, wenn einem nichts anderes übrig bleibt. Wir kehrten das innerste nach außen um alles zu trocken. Der unbeschreibbare „Zustand“ unter Deck wurde langsam zum „anheimelnden Chaos“, das wiederum sich allmählich in eine erträgliche Unordnung verwandelte.
Im Kanal hatten wir dann mit Flaute zu „käm-pfen“. Das wäre ja nicht weiter schlimm gewe-sen, wenn nicht gleichzeitig auch noch Nebel geherrscht hätte. So hörten wir rund um uns herum zwar die großen Pötte oft bedrohlich nah tuten, aber gesehen haben wir rund um uns herum nur eine graue, undurchdringliche Wand. Ich fühlte mich wie in einer grauen Gummizelle, wo jeden Moment jemand von „draußen“ auf mich einschlagen konnte, ohne dem selbst aus-weichen zu können. Zu allem Überfluß gab nun auch noch die Kühlwasserpumpe des Motors ihren Geist auf. Und das Großfall war durch das starke Überholen in der Dünung auch noch aus der Rolle im Topp gesprungen so daß das Großsegel nicht mehr geborgen werden konnte. Thomas (Hut ab und Danke!) war bereit sich auf den in der hohen Dünung weit umherschwan-kenden Mast vorheißen zu lassen um das Fall zu klarieren! Die Kühlpumpe wurde mittels der verbliebenen Lenzpunpe, einigen Schläuchen, viel Tape und Kaugummi ersetzt: Jetzt mußten wir „Pumpwache“ gehen. Auch das will erst mal geübt werden: wie pumpt man mit möglichst wenig Kraftaufwand und in einer möglichst we-nig ermüdenden Haltung im richtigen Rhytmus die passende Menge Wasser zur Kühlung durch den Motor. Alle 20 Minuten wechselten wir uns ab. So konnten wir wieder unter Motor Richtung Cherbourg laufen, das wir dann auch über-glücklich erreichten.
Hier erst erfuhr ich dann, daß Tom während des Sturmes eine Herzatacke gehabt hatte und so-zusagen seine letzte Pille für Notfall genommen hatte! Er hatte nämlich schon früher einen Herz-infarkt überstanden wie auch Bilharziose (aller-dings unter Verlust einer Niere) überlebt. Über seinen Gesundheutszustand hatte er mich vor der Reise nicht informiert.
Die Neuankömmlinge waren wohl etwas irritiert durch unsere Gemütsverfassung. Die von Bord gehenden waren wohl sehr erleichtert das Boot verlassen zu können.
Auf der dritten Etappe hatten wir zwar reichlich Wind, aber was waren schon 6 Bf für Bernd und mich nach den zurückliegenden Erfahrun-gen. Unsere größte Sorge war: Was geht als nächstes kaputt? Schaffen wir es ohne fremde Hilfe noch bis nach Hamburg? Wir schafften es. Ich erinnere mich nur noch an eine kritische Situation, als nachts vor Texel etwas großes, dunkles an uns vorbeirauschte: Es war ein schwimmender Container! Kaum zu sehen . . . Da war die harte Kreuz aus dem Hafen von Cherbourg gar nichts dagegen: endlich wieder sportliches Segeln (allerdings verzogen sich zwei unserer „Neuen“ gleich vor Schreck nach unten in den Salon). Auf den Motor wollte und konnte ich mich in dieser Situation nicht ver-lassen. Und die rauschende Fahrt hoch am Wind nachts an der holländischen Küste ent-lang war nur von den Sorgen um die Position getrübt: Welches der vielen Lichter um uns he-rum ist „unser“ Leuchtfeuer, das wir gerade zu finden versuchten. An die großen Dampfer, die hier auch unterwegs sein sollten, hatten wir gar keine Zeit zu denken. Hin und wieder passierten uns einige Gegenkommer. In der deutschen Bucht ließ der Wind Gott sei Dank etwas nach, so daß ich meine Überlegungen, wohin segeln (Helgoland und dort auf besseres Wetter war-ten?), beiseite schieben konnte. Es war inzwi-schen auch empfindlich kalt geworden. Wir er-lebten noch einen tollen Segeltag (Rückseiten-wetter) mit einer teilweise sehr anspruchsvollen Kreuz die Elbe nach Hamburg hinauf, das wir dann am späten Abend hundemüde und er-schöpft erreichten.
Ich räume ein, daß wir dann so schnell wie möglich weg wollten – wir hatten einfach die Schnauze voll. Die Mannschaft der nachfolgen-den Außerdienststellung möge uns das bitte nachsehen.
Nach dieser Reise wollte ich damals eigentlich nicht wieder auf die See hinaus, ich hatte ganz einfach Angst. Trotzalledem – zwei Jahre später konnte ich der Versuchung doch nicht wider-stehen und bin mit dem Berliner Walross über den Atlantik gesegelt (dabei haben mir 250 m2 Spi per Fall die Haut von den Fingern gepellt!). Sogar den stillen Pazifik habe ich inzwischen überquert (da ist ein riesiger Wal knapp unter uns hindurchgetaucht und wir sahen uns schon von seiner Flosse eine „gewischt“ bekommen) und auch Kap Hoorn habe ich bei 12 Bft ohne Furcht auf einem Segelboot erlebt. Und im Sommer 2000 bin sogar einhand 4500 sm ge-segelt. Aber eine gesunde Portion Respekt und Achtung vor der See habe ich auf dieser Reise mitbekommen. Und die braucht man als „Le-bensversicherung“. Aber auch eine gewisse Art von Faszination und Sehnsucht ist geblieben …
Navigare necesse est – navigare vivere est.
Einige Unvergeßliche Momente:
der Pico taucht langsam aus dem Meer aus und wächst zu voller Größe in der Abendsonne, je näher wir nach Horta kommen.
Die Abende mit Sonnenuntergang über der wei-ten Dünung des Atlantiks
Die CuCastellani, die sich am Horizant zu einer zinnenbewehrten Mauer aneinderreihen die rol-lenden Wasserberge
… … …
Per Asmuss
Zeit: 28.7.-9.9.1977
Reisetage: 43
Yacht: SY Antares
Mitsegler:
Skipper
I. Etappe
II.Etappe
III.Etappe
Strecke:
Route/angelaufene Häfen:
I.Etappe
II.Etappe
III.Etappe
Per Asmuss
Bernhard
Ernst
Heinz †
Peter
Thomas
Tom †
Bernhard
Hendrik
Thomas
Tom †
Werner
Bernhard
Günter
Michael
Paul
Ralph
3561 sm
Malaga
> Gibraltar
> Madeira
> Sao Miguel
Sao Miguel/Azoren
> Horta/Azoren
> Cherbourg
Cherbourg
> Hamburg
Barometerkurve
Wetterkarten vom 23., 24. und 25.8.77
Die Crew der ersten Etappe :
Ernst Heinz
Per Thomas
Bernd Tom Fotograf: Peter
Typische Postkarte:
Der Pico in der roten Abendsonne über dem Hafen von Horta (mit der berühmten Hafenmauer).
Mittagshöhe schiessen mit Sextant
Im Sturm
Die Crew der zweiten Etappe:
Hendrik Thomas Bernd Werner Per
Tom
Die Crew der dritten Etappe:
Bernd Paul Ralph Per Günter Michael