Einhand zum Nordfjord - 2006

Reisebericht

 

Einhand zum Nordfjord                                        von und mit Per Asmuss

Nachdem ich in einigen Tagen peri reisefertig gemacht habe, kommt leichter Südwind auf. Das ist eine gute Gelegenheit zum Start nach Norden. Früh hole ich den Anker auf und genieße wieder einmal den lautlosen Aufbruch ohne Motor, das stille Hinausgleiten in den jungen Tag. Kurz nach dem Start will ich den Autopilot nutzen: Aber er steuert ständig etwa 20° Bb. Also muss ich Ruder gehen. Hoffentlich bekomme ich den Autopiloten irgendwie noch zum fehlerfreien Arbeiten.

Mit auffrischendem Wind habe ich schnell die Brücken im Kleinen Belt erreicht und rausche bei 4-5 Bft. nach Norden, lasse eine Yacht nach der anderen hinter mir. Im Flachwassergebiet südlich von Tunö werfen inzwischen 6 Bft. eine eckige See auf. Noch bin ich wacklig auf den Beinen, schließlich ist es der erste Segeltag nach einem Jahr Pause. Um 18:00 Uhr liegt der Leuchtturm Fornæs Bb querab: Wo soll ich die Nacht verbringen? In dieser Gegend habe ich schon oft geankert. Um den guten Wind auszunutzen will ich bis zur Insel Læsø segeln, die ich etwa um Mitternacht erreichen könnte, dann läge der häufig unangenehme Seegang zwischen Fornæs und Læsø mit achterlichem Wind schon hinter mir. Im Süden stehen Gewitter - werden sie mich noch erwischen? 

Um 23:00 Uhr kurz vor dem nun von mir nun ungeduldig ersehnten Ankerplatz schläft der Wind ein - wieder einmal kurz vor dem Tagesziel. Die nächsten 3 Stunden werden ziemlich nervig. Und schließlich muss ich bei fast Flaute die letzten Meilen zur NW-Küste der Insel noch kreuzen: Da werfe ich dann doch noch die Maschine an, denn es zieht eine schwarze Wolkenfront herauf. Beim Ankern durchnässt mich eine stürmische Gewitterbö bis auf die Haut. Kaum ist der Anker im Grund, hört es wieder auf zu regnen! So hatte ich mir das Ende des ersten Segeltages eigent-lich nicht vorgestellt. Merke: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.

Hundemüde, doch zufrieden über die zurückgelegten 134 sm (1/4 der Strecke nach Bergen!) falle ich endlich gegen 2:30 Uhr nach einem kleinen Imbiss in die Koje. Das lässt auf eine schnelle Reise hoffen.

Am nächsten Tag starte ich wieder früh nach nur wenigen Stunden Schlaf. Sobald ich aus der Abdeckung der Insel komme, frischt der Wind auf 6 Bft. aus SE auf. Der Seegang ist ruppig, aber vor dem Wind erträglich. Noch immer sind meine Seebeine im Wachsen, so lege ich den Lifebelt an, was mir kurz darauf  zum Verhängnis werden sollte: Ich sehe einen Fender in der See treiben und nehme dies zum Anlass, Aufschießen und Segelmanöver bei Starkwind zu üben. Ihn aufzufischen klappt nicht im ersten Anlauf. Als ich dann wieder einmal vor der See eine Halse fahre, wirft mich ein querlaufender Brecher durchs Cockpit. So etwas ist ja nichts Ungewöhnli-ches und angeleint denke ich mir dabei nicht viel. Doch dieses Mal krache ich mit der Brust irgendwo drauf und ein starker Schmerz durchsticht mich. Ziemlich erschrocken hoffe ich, dass das gleich wieder vergeht. Den Fender fische ich jetzt mit Motorhilfe.

Bald liegt Skagen querab. Entgegen meiner Hoffnung lassen die Schmerzen nicht nach. Soll ich nach Skagen gehen? Aber so schlimm kann es doch gar nicht sein! Und der Wind steht so günstig für eine schnelle Überquerung des Skageraks. Eine Prellung braucht halt seine Zeit, denke ich und laufe nach längerer Abwägung weiter nach Norden.

Mittags flaut der Wind leider immer weiter ab, dümpelnd passiere ich die Tonne Skagens Rev und quere die Dampfertrasse. Die schnelle Überfahrt wird zum unerfüllten Wunsch. Noch am Nachmittag sehe ich Skagen. In der Flaute schlagen die Segel. Ganz allmählich lassen die Schmerzen etwas nach - sie werden wohl bald vergehen - denke ich.

Am Abend kommt endlich wieder Wind auf. Ich bereite alles für die Nacht vor: Segel kürzen, Es-sen, ein Imbiss für die Nacht, das stromsparende Reserve-Rundumlicht, den Autopilot einstellen – und oh Wunder, er arbeitet, nachdem er bislang den Dienst verweigert hatte. Es sollte allerdings das einzige Mal auf dieser Reise bleiben, dass er mir das Rudergehen abnimmt! So segle ich frohen Mutes in die Nacht nach NW.

Im Morgengrauen brist der Wind immer weiter auf. Schließlich jage ich bei 7-9 Bft mit 10-12 Knoten bei Backstagsbrise über eine hohe, achterliche See. Manchmal kommt ein Brecher an Deck und sogar ins Cockpit. Noch immer arbeitet der Autopilot. Allmählich wird mir der Wind zuviel. Erst als ich das 3. Reff ins Großsegel binde (eine größere Aktion, da dieses Reff nicht angeschlagen gefahren wird), läuft peri etwas ruhiger, wenn auch 2 kn langsamer.

Endlich sehe ich die ersten Leuchtfeuer an der norwegischen Küste. Nun ist mir wieder wohler, eine ruhige Bucht für die nächste Nacht scheint in Reichweite. Bald stehe ich vor Kristiansand. Ich fühle mich schon fast heimisch hier, da ich diese Überfahrt in  den letzten 5 Jahren mehrmals ge--macht habe. Trotzdem habe ich vor dem Skagerak immer noch ziemlich großen Respekt! Kaum rechne ich, wie weit ich heute noch kommen könnte (Ognabucht?), lässt der Wind auch schon nach. Mandal und Lindesnes passiere ich noch mit guter Fahrt, doch vor Lista dümple ich dann in der Flaute.

    Die Sonne brennt vom blauen Himmel. Was tun? Die Schmerzen in der Brust haben zwar nachgelassen, sind aber immer noch sehr deutlich spürbar. Vor allem wenn ich Schoten oder Fallen dicht hole. Nicht weit von mir dümpeln Angler, und so stelle ich auch meine Angel in Dienst: Schon nach kurzer Zeit habe ich einige Makrelen gefangen - das fängt ja gut an! Am späten Nachmittag dümple ich noch immer vor dem Leuchtturm von Lista herum. Da ich nicht noch eine Nacht durchwachen will (ich bin hundemüde), starte ich doch den Motor, um einen etwa 5 sm entfernten, kleinen Einschnitt in die Insel Hydra zu erreichen, den ich in der Seekarte als Anker-platz entdeckt habe: Ytre Kalven ist von See aus nicht zu sehen. Erst wenn man unmittelbar vor der Einfahrt in den schmalen Kanal steht, der ins Land hineinführt, erkennt man sie. So laufe ich sehr gespannt auf die mit weiß umbrandeten Felsen gespickte Küste zu. Der Kanal ist schmal, für mich mit fast 8 m Breite wirkt er noch schmaler. Vorsichtig laufe ich ein, die Felsen zum Greifen nah. Drinnen weitet sich der Kanal zu einer schönen Bucht, die teilweise statt schroffer Felswände auch flache Ufer hat. Es ist wunderschön hier. Und ruhig wie in Abrahams Schoß. Nach einem vorsichtigen Erkundungskringel will ich mit dem Bug an den Fels gehen. Ich werfe den Heckanker und bugsiere das Boot sachte ans steinerne Ufer. Schließlich muss ich mit der Vorleine und einem Felsanker an Land springen - dabei verheddere ich mich irgendwie in der Leine und falle nach unten. Mein rechter Fuß verhakt sich im Bugkorb, mit der Brust knalle ich an die Bordwand und hänge nun kopfüber im Wasser. Hm – eine etwas missliche Lage. Es bleibt mir keine Zeit nachzudenken, zu jammern oder die Schmerzen wahrzunehmen, denn peri treibt ab. So befreie ich mich, turne und ziehe mich irgendwie wieder nach oben, gehe klitschnass achteraus und neh-me einen neuen Anlauf. Diesmal erreiche ich den Fels, finde aber kaum Halt, da er steiler ist als gedacht. Und für den Felsanker geeignete Felsspalten gibt es kaum. Es dauert etwas, bis ich peri endlich festmachen kann. Der Weg zurück an Bord gestaltet sich auch schwierig: Spagattraining.

    Nun kann ich mir die nassen Klamotten vom Leib pellen. Ich merke, dass mein großer Zeh rechts höllisch schmerzt, kann kaum auftreten. Auch die Brust macht sich sehr deutlich bemerkbar: Ein Unglück kommt selten allein. Langsam versuche ich zu mir zu kommen. Ich wasche meine Kla-motten in Süßwasser, betaste niedergeschlagen den geschundenen Körper. Wie soll‘s weiter gehen?

    Allmählich kann ich mich zum Abendessen aufraffen und krieche anschließend ziemlich ange-schlagen in die Koje. Ich kann nur auf dem Rücken liegen, finde kaum Schlaf, trotz Übermüdung. Erst spät bringt mir die Erschöpfung etwas Ruhe. Aber nicht lange.

    Gegen 4 Uhr weckt mich ein sehr unangenehmes Geräusch: Der Bug des Stb-Schwimmers kratzt am Fels. Der laue Wind hatte um 180° gedreht, so dass der Heckanker slippte. Also muss ich trotz aller Schmerzen den Ankerplatz wechseln. Die Landleinen zu holen wird schwierig und riskant, doch im Nu bin ich hellwach und spüre nichts mehr. Die Sorge um das Boot verdrängt alles Andere: An Land springen die Leinen holen, auf dem Rückweg an Bord werden in einem Spagat zwischen Fels und driftendem Boot meine Beine immer länger, gerade kann ich mich noch den Bugkorb hinaufziehen, ... dann Heckanker aufholen und weg. Nun ankere ich auf 6 m in der Mitte der Bucht. Der Schwoiraum ist zwar eng, geht bis nah an die Felsen, doch ich habe keine andere Wahl. Nach einer Stunde habe ich es geschafft und falle in der Koje wieder in einen schmerzhaften Dämmerschlaf.

    Ein strahlend blauer Himmel macht den dritten Reisetag nach der schlimmen Nacht erträglicher. Ein weiterer Lichtblick ist der erste selbst gefangene und gebratene Fisch auf dem Mittagsteller. Mühsam klare ich das Boot auf. Mit Hilfe meiner medizinischen Bordbibliothek versuche ich eine Diagnose: Rippenprellung oder Rippenbruch. Kapselverletzung am Zehen-grundgelenk. Therapie: Warten und schonen, ggf. Schmerzmittel. Dazu brauche ich keinen Arzt. Der Zeh ist so stark angeschwollen, dass ich keinen Schuh anziehen kann. Vorsichtig humple ich an Bord nur für das Nötigste, ansonsten liege ich faul im Cockpit und warte, dass die Schmerzen nachlassen und der Abend kommt - zum Schlafen, hoffentlich.

So folgen einige Tage zwar bei schönster Sonne in der völlig ruhigen Bucht: Mittelmeerstim-mung. Draußen peitscht viel N-Wind die See weiß. Langsam komme ich wieder auf die Beine.

Sonntags kommen einige Motorboote meist langsam und sachte in die Bucht, drehen einen Besichtigungskringel und fahren dann wieder hinaus. Nun allerdings erfüllen sie die Bucht mit kreischendem Vollgas-Motorlärm und heftigem Wellenschlag. peri tanzt und alles Lose poltert zu Boden. Ich hasse diese Motorbootfahrer! Einige ältere Norweger verdrücken sich um die Ecke in den hinteren Teil der Bucht, wo ich sie nicht mehr sehe. Ein anderes Boot mit lauter jungen Leuten legt dort am Fels an, wo ich gestern lag. Sie bauen ein Zelt auf und bleiben über Nacht. Leider schreien sie herum und drehen ihre Musik viel zu laut auf - die Ruhe ist dahin.

Der Zeh bessert sich deutlich, die Rippe allerdings wird eher schlechter. Wie komme ich zu einem Arzt? Faule Tage reihen sich aneinander. Angelerfolge heben meine Stimmung. Die Zeit vergeht wie im Fluge.

Wie kam es zu der Rippenverletzung? Ich sehe mir den Lifebelt genauer an: Sehr wahr-scheinlich bin ich genau mit der Metallschnalle, die zum Verstellen der Trägerlänge dient, auf den Steuerstand geprallt. Dadurch kam es zu einer konzentrierten Punktbelastung, was dann die Rippe evtl. geknackt hat. Warum werden solche Metallschnallen überhaupt verwendet: Verlet-zungen sind damit vorprogrammiert!

    Endlich glaube ich wieder vorsichtig segeln zu können. Mit leichten Winden hangle ich mich gaaanz langsam nach Norden, nach einem schmerzhaften Segeltag brauche ich immer mehrere Ruhetage in verschiedenen Buchten. Für die etwa 180 sm nach Bergen brauche ich fast 3 Wochen!

    Auf dem Weg nach Bergen und in Bergen fühle ich mich schon fast wie zu Hause, da ich in den letzten Jahren diesen Hafen ziemlich oft angelaufen habe. Er ist relativ leer, kaum Yachten, aber viele Fischerboote liegen am Kai vor Bryggen. Ich gehe wie früher schon wieder auf die Südseite des Hafenbeckens, da habe ich meine Ruhe vor dem Touristen- und Seglerrummel.

Es folgen sehr unterschiedliche Hafentage: Mittelmeerklima wechselt mit Regen. Am ersten Nachmittag lasse ich Krankenhaus (Legevagten) meine Rippe untersuchen: Rippe gebrochen. Die Beschwerden treten dabei typischerweise mit Verzögerung auf. Aber, tröstet mich der Arzt lächelnd, das Schlimmste hätte ich jetzt schon überstanden. Es würde aber noch etwa 6-8 Wochen dauern, bis die Schmerzen vollständig abklingen würden. Ich könne aber normal leben - bis Schmerzen auftreten. Die solle ich vermeiden.

Das sind ja tolle Aussichten: Noch einmal drei Wochen eingeschränkt - beschränkt zu sein. Die Lofoten sind damit endgültig außer Reichweite. Aber wenigstens ist es "nur" ein Rippenbruch - meine Selbstdiagnose ist bestätigt.

Es ist sommerlich warm. In der Regenhauptstadt Europas herrscht südliches Flair: Stras-senkünstler und Musikanten zaubern eine leichte Stimmung in die Stadt, Eisdielen und Straßen-cafés sind übervölkert, Touristen blinzeln aus bunten Regenjacken in die Sonne ... Aquarium, Floy, Stadt, Wasser, Holzhäuser, Fischmarkt, Touristen, Staatsrad Lehmkuhl, Bryggen ... ... ... Regen – Bergen eben.

Nach einigen Tagen „Stadt“ will ich endlich wieder hinaus. Mit Sonne und leichtem Nordwind geht es langsam nach Norden. Die Angel bringt am Abend reichlich frischen Fisch an Bord. Ich finde kleine Buchten zwischen den Schären für eine klare Ankernacht. Morgens ist es totenstill, das Wasser glatt, glatter geht es nicht mehr. Die Felsen spiegeln sich. Segeln? Kaum vorstellbar. Es steht eine unglaubliche Stille über Wasser und Felsen. Und Ruhe im Raum. Im Sein. Sie zieht mich in ihren Bann.

Später laufe ich an Fedje vorbei, dann seewärts vor den Schären nach Norden. 4 Bft bringen mich flott voran. Am späten Nachmittag runde ich den Leuchtturm von Bulandet und laufe dann ins innere Fahrwasser auf Alfen zu, wo ich einen Naturhafen für die Nacht in der Karte entdeckt habe: Eine fast ganz geschlossene, ovale Bucht unmittelbar neben dem 400 m aus dem Wasser aufragenden Berg Hovden. Seine Flanken sind voll von saftig grünen Moosen und Flechten, Wasser rieselt dazwischen herab. Nur die Fallböen, die immer wieder vom Berg herab toben, stören kurzzeitig die Ruhe.

Ich habe gut geschlafen. Vielleicht bin ich noch verschlafen, als ich beim Anker-Auf ohne Motor zunächst den Anker wie tausendmal geübt kurzstag hole und dann das Großsegel setze. Jedenfalls bin ich unter der Sprayhood am Niedergang beim Aufschießen des Großfalls so in Gedanken vertieft, dass ich nicht bemerke, wie der Anker slippt und peri auf die Felsen zu treibt. Aus der Ruhe reißt mich jäh ein lautes Krachen und Knirschen: peri ist mit dem Bug des Stb-Schwimmers auf die Felsen am Ufer geschrammt. In Windeseile starte ich den Motor und bekomme peri wieder frei. Nochmals werfe ich den Anker in der Mitte der Bucht, um mich von dem Schreck in der Morgenstunde zu erholen und den Schaden zu prüfen: Am Bug des Schwimmers ist eine etwa Handteller große Fläche des Gelcoats abgeplatzt, durch ein winziges Leck, das ich aber nicht entdecken kann, läuft ein wenig Wasser in die Bugsektion des Schwimmers. Es muss wohl genau in der Wasserlinie liegen. Also werde ich auf der ganzen folgenden Reise einen zusätzlichen Wasserballast mitschleppen. Nachdem mir die Situation klar ist und ich den Schreck einigermaßen verdaut habe, laufe ich endlich aus und setze Kurs nach Norden ab. Außerhalb der Schären geht es vor Südwind mit 5-6 Bft flott voran. Sobald ich dann südlich von Florø wieder in die Schären einlaufe, wird der hohe Seegang wieder zahm und der Wind mäßigt sich.

An Florø und seinem eigenartigen, weiß leuchtenden Leuchtturmhaus mitten im Wasser vorbei laufe ich den Frøysjøen südlich der Insel Bremanger hinein. Der wunderbare Segeltag geht mit einem beeindruckenden Sonnenuntergang beim grandiose 800 m aus dem Wasser auf-ragenden Hornelen zu Ende. Gleich nördlich von dieser Ecke ankere ich in einem schmalen Sund südlich der Brücke über den Rugsund, die ich wegen der für mich zu niederen Höhe von nur 15 m nicht durchfahren kann.

Das Barometer fällt, der Wind pfeift aus Nord. Der Schreck von gestern steckt mir immer noch in den Knochen. So bleibe ich vor Anker und nutze den Tag zum Pflegen. Beim Ausnehmen der Fische schneide ich mir die Fingerkuppe des linken kleinen Fingers ab - ich blute selbst wie eine Makrele. Mach das nichts so, halte Fisch und Messer anders - und schon war's geschehen. Wer nicht hören will muss fühlen! Rippe, Zeh, Rumms, Finger - noch nie sind mir so viele Missgeschicke auf einer Seereise passiert! Mal eines, ja, auch heftige - aber so viele in so kurzer Zeit? So vergeht der Tag mit Grübeln, Schreiben, Lesen und Programmieren.

Auch den nächsten Tag "faule" ich unter Deck etwas vor mich hin. Im Sund liege ich wie in einem Fluss vor Anker. Kritisch wird es nur, wenn der Strom kentert oder Wind und Strom gegeneinander stehen. Dann treibt peri jedes Mal quer und knapp an den steinigen Ufern vorbei.

Morgens Regen, flau, dann klart es auf: Ein blauweißer bayrischer Himmel krönt die beein-druckende Landschaft. Mit einem kunstvoll gebastelten  Schutzverband kunstvoll segle ich weiter. Durch den Skatestraumen muss ich kreuzen, dann kann ich vor dem Wind in den Nord-fjord ein-laufen. Fisch satt. Wind, Flaute, Strom treibt mich zurück, Schauer, tagelanger sintflutarti-ger Landregen zwingt zum Ankern, diffizile Ankerplätze vor steilen Ufern, Seehunde, Fallböen – der Nordfjord bringt typisches Fjordsegeln.

Kurz vor Olden begegnet mir das letzte Kreuzfahrtschiff dieses Jahres, ausgerechnet zur Unzeit beim Reffen wegen plötzlicher Fallwinde. Fast ohne Motor erreiche ich in der Dämmerung das Fjordende und ankere in der Flussmündung.

Ein regnerischer Tag voll grauer Nebelfetzenwolken empfängt mich am nächsten Morgen. Mit dem Schlauchboot setze ich zum Einkaufen über. An Land spricht mich später ein Mann an, der sich als deutscher Auswanderer entpuppt. Von ihm erfahre ich allerlei über das Leben hier. Nachmittags fahre ich mit dem Bordfahrrad zum etwa 27 km entfernten Briksdalbreen, dem Touristenziel hier. Auch mich beeindruckt die Tallandschaft und dann vor allem der Gletscher selbst. Zunächst geht es stetig bergauf. Ich komme ziemlich ins Schwitzen. Auch kleinere Schauer kühlen mich kaum ab. Den Schlussanstieg muss ich gehen, einen steinigen Steig entlang am tosenden Gletscherabfluss. Droben am Gletschersee versinke ich in Gedanken, betrachte das blaue und graue Eis, das sich durch den Bergsattel zwängt und herabfließt, folge mit den Augen den Wasserfällen über glatt geschliffene Felsen, genieße die Stille, betrachte kleine, klare Eisberge im Gletschersee, baue eine Steinpyramide für Claudia ...

Ich bin am Ziel dieser Reise.

Erst als es schon dämmert und ich zu frieren beginne, mache ich mich auf den Rückweg, nun meist bergab. Spät abends komme ich mit ziemlich müden und schmerzenden Beinen wieder zum Boot zurück und falle in die Koje.

Dauerregen, pausenlos, mal dünner, mal dicker. So wird’s ein Tag unter Deck. Abends besuche ich den Deutschen von gestern und wir unterhalten uns lange über das Leben zu Hause und hier bei einem sündhaft teuren norwegischen Bier.

Endlich hat der Regen aufgehört, aber die Nebelschwaden ziehen in der Flaute noch durchs Tal. Trotzdem  mache ich mich auf den Weg: Lautlos gleite ich unter schlaffen Segeln ganz lang-sam in den Fjord hinaus und treibe seewärts. Eine spannende Ruhe umfängt mich. Schlieren trei-ben neben mir, Blasen liegen in der Wasserfläche.

Fjordsegeln, diesmal mit umlaufende Flaute, Kreiselböen und Nieselschauern. Askevik ist ein idyllischer Ankerplatz in einem sehr engen Sund mit wenig Schwoiraum. Ich genieße den frühen Abend mit dem letzten Rest südlicher Salami, griechischem Salat und Rotwein.

Der Wind ist wieder recht launisch: Erst eine Stunde flottes Rauschen mit Wind von achtern. Dann 3 Stunden dümpeln. dümpeln. Im Skatestraumen dann die extremsten Fallböen, die ich je erlebt habe: Das sind keine Böen oder Windstöße mehr, sondern Windschläge:  Mit einem Knall fallen sie aus der Windstille über mich her, von 0 auf 40 kn Wind in einem Augenblick, pfeifen durchs Rigg und lassen mich kurz darauf wieder in der Flaute dümpeln. Ich sehe sie auf dem Wasser, wie sie Wasserstaub aufpeitschen, doch Stärke und Windrichtung kann ich nicht erkennen. Es ist jedes Mal ein Überfall. Die Kreuzerei gegen diese Böen ist sehr schwierig und nervenaufreibend.  Nachdem der Hornelen umrundet ist, pendelt sich der Wind bei etwa 7 Bft aus West bis Süd ein. Schauerböen von 8 - 9 kommen aus nun durchschnittlichen 6 Bft, die Unter-schiede sind also nicht mehr so groß. Mit dem 2. Reff im Groß wird die Kreuzerei erträglicher. Trotzdem sehne ich ein baldiges Ende dieser nassen und ruppigen Fjordsegelei herbei. Ich könnte ja das schöne Botnane anlaufen, doch dort steht grade eine rabenschwarze, unheilschwangere Wolke. So kämpfe ich mich weiter gegen den Wind und eine kurze, steile See nach Süden, bis ich spät abends Florø erreiche – bei fast Flaute auf den letzten 5  endlos langen Meilen. Völlig durchnässt und verfroren genieße ich eine heiße Suppe.

Florø: Regen, Regen, Regen ...  Ort, Svanhild, Einkaufen, Lachschlachterei – das sind die Erlebnisse hier. In der Lachsschlachterei werden täglich etwa 60 Fische/Minute -> 3600/Stunde -> 29.000 Fische /Tag = ca. 85 Tonnen Fisch zu 500.000 Mahlzeiten verarbeitet! Täglich! Kaum vorstellbar. Die Fische werden per Schiff zu den Wartebecken im Hafen angeliefert und später in die Produktion gepumpt, wo dann alles am Fließband ganz schnell abläuft: Betäuben, Kehlschnitt, ausbluten, ausnehmen, putzen, sortieren, schockgefrieren, verpacken, versenden.

Es folgen flaue Tage auf dem Weg nach Süden: Espeset und dann die schöne Kråkevåg im Sognesjøen lauf ich an. Dort lege ich an einem Privatsteg an, da der Ankergrund zu tief für mich ist. Der wortkarger Eigentümer schenkt mir später zwei gerade gefangene fertig gekochte Krab-ben: nach anfänglicher Überwindung vor der grünbraunen ekligen Brühe im Panzer lerne ich schnell das hummerartige Fleisch schätzen. Ich esse zum ersten Mal diese Viecher.

Abends wandere auf den etwa 450 m hohen Berg Ulvegreina. Er ist am Funkmast gut zu erkennen mit Funkmast. Von dort oben genieße ich in der klaren Abendluft einen atemberauben-den Rundumblick über Meeresarme, Schären und Berge. Auf See funkeln schon die Lichter einer Ölbohrinsel, im Norden ist Florø zu sehen, im Süden Bergens Vororte und im Osten verlieren sich die Konturen des Sognefjords im Dunst.

Auf dem weiteren Weg durch das mir schon bekannte Revier erkunde ich neue Ankerplätze. Beim dem Ankern in einer dieser Buchten entdecke ich ein Leck in der Kühlwasserzuleitung des Motors. Es stellt sich als ernstes Problem heraus, da der Stutzen jederzeit durchbrechen kann: Die Maschine ist nicht mehr verlässlich! Mit einem provisorisch angelegten Notverband will ich nach Bergen und dort Ersatz besorgen. Schon bei Dunkelheit kreuze ich in die unbefeuerte (aber mir bekannte) Vikingevågen ein: Das war heikel. Und am nächsten Tag bei 6-8 auslaufen? Doch es hilft nichts. Ich will weiter. Dann lieber viel Wind als in der angekündigten Flaute ohne Motor in den Schären treiben. Bei 7-9 Bft. gehe ich nur unter gerefften Segeln Anker-auf, laufe aus der Bucht aus und kreuze diesmal das breite Fahrwasser im Fedje Fjord nach Süden Richtung Ber-gen. Heftigste Schauerböen, wie ich sie noch nie erlebt habe, machen den Seegang fast platt! Plötzlich taucht schemenhaft ein Großsegler zwischen zwei Schauerböen auf - wie der Fliegende Holländer geistert durch die Regenschwaden unter Maschine an mir vorbei und ist schon wieder verschwunden, ohne noch einmal zu erscheinen. Kurzzeitig reicht die Sicht gerade noch bis zum Bug (10 m!) - Solche schweren prasselnden Wassermassen habe ich noch nie erlebt. 

Durch den Mangerfjord, über den Kverna- und Salhusfjord erreiche ich Bergen. Angelver-suche südlich vom Alvestraumen (guter Angelplatz) bleiben diesmal leider ohne Erfolg. Die Passagen unter den beiden Brücken sind abenteuerlich: In der Flaute unter der ersten Brücke begegnen mir zwei Schnellfähren, die zweite Brücke wird von schweren Schauerböen "verteidigt". Es dauert und kostet Nerven, hier ohne Motor gegen die Sturmböen hindurch zu kreuzen – und dabei mit dem Schlag das Loch zu treffen, gegen Drift und Strom. Bis auf die Haut durchnässt und fast blau verfroren erreiche ich Bergen und kreuze ich auch noch in den Hafen hinein gegen etwa 2-11 kn Wind. Nur zum Anlegen werfe ich die Maschine an, froh, dass es trotz des miserab-len Wetters so gut gegangen ist. Und meine Rippe hat auch wieder mitgespielt!

In den Bootszubehörläden besorge ich Teile für eine Behelfsreparatur, sowie eine neue Seewasserpumpe. In Søreidsgrend 10 (äußerst harte Kreuz gegen den Strom durch Schauerböen) sm südlich von Bergen bei Grimstad bekomme ich in einer Volvovertretung das Ersatzteil und baue es ein.

An einem Herbsttag – klare Luft, Sonne, leichter Wind - kreuze ich nach Süden. In der Ferne sehe ich gegen die Sonne die Silhouette einer Schäre mit Varde, die mir fremd ist (ich kenne die Gegend inzwischen recht gut), sonst ist rundum nichts zu sehen. Doch denke ich mir nichts dabei und widme mich wieder dem Segelwechsel - bis mich ein tiefes Horn aufschreckt: Die Schäre war ein deutsches U-Boot, das nun Wegerecht fordert. Etwas verstört wende ich. In der folgen-den Flaute ich brate in der Sonne und treibe langsam mit dem Strom wieder zurück. Im Svar-hellesund finde ich einen guten Ankerplatz (wieder mit „Fluss“strömung) für die Nacht.

Der nächste Tag beginnt mit einem tollen Ritt bei warmem Südwind von 10-30 kn nach Osten zum Lokksund. Mit 8-12 kn Fahrt rausche ich übers Wasser. Leider verkühle ich mich dabei, obwohl der Wind sich sehr warm anfühlt. Dies verursacht dann später heftige Schmerzen in der linken Schulter, so dass das Ruder-Gehen zeitweise eine Qual ist. Den Lokksund muss ich dann allerdings aufkreuzen. Rechtzeitig habe ich gerefft. Als ich die beiden Engstellen mit dem Motor durchfahren will, erscheint er mir zu schwach, So kreuze ich mit dem 1. Reff im Groß und ohne Genua den Sund nach Süden gegen heftige Fallböen, der Motor läuft nur Stand-By. Südlich der Engstellen wird der Wind gleichmäßiger, die See wird grob. Im Hardangerfjord laufe ich noch ein kurzes Stück nach Osten bis Kalvtangen, um den Storsund (sehr schöne Gegend) zu errei-chen und dann in diesem wieder nach Westen zu laufen. Doch die Rechnung geht nicht auf: Der Wind dreht auf West: Wieder Kreuzen. Und später auch noch dümpeln. Bei der Insel Hille finde ich einen guten Ankerplatz zwischen den Schären. Und Makrelen fürs Abendessen, die ich nach einem faszinierenden Sonnenuntergang genieße.

Ein rauschender Segeltag bringt mich unter Genaker fast bis Haugesund, das ich in der Abendflaute gerade noch erreiche. Der nächste Tag bietet Regen und Einkäufe.

Unter Segeln laufe ich aus dem Hafen in den Karmsund. Der schwache Wind reicht nicht, um gegen 4 kn Gezeitenstrom im Sund anzukommen. Ich motore bis zur Insel Bukøy, In der Dämmerung laufe ich in die südliche Ankerbuchten ein - und entdecke ein Wikinger-Langhaus am Ufer. Am Steg daneben lege ich an. Beim Landgang entdecke ich dann ein Wikingerdorf, das hier als Freiluft-Museum historisch getreu aufgebaut worden ist.

Ausgiebig sehe ich mir das Wikingerdorf an und wandere anschließend nach Avaldsnes, der historischen Wiege Norwegens am "Weg nach Norden". Die Nähnadel der Heiligen Maria berührt noch nicht die Wand der Kirche, die als einziges Gebäude aus Stein der frühen Wikingerzeit die Jahrhunderte bis heute überdauert hat - der Jüngste Tag lässt also noch auf sich warten. Im Museum erfahre ich viel zur Geschichte dieses für Norwegen so bedeutenden Ortes. Ich sehe auch den Hafen der alten Hanse, in dem man auch heute gut ankern kann.

Bei trübem Wetter geht es weiter quer durch die Schären von Kvitsøy an den riesigen Antennen vorbei und weiter an den der Küste vorgelagerten Inseln und Schären entlang nach Süden. Die Abendflaute zwingt mich kurz nach Jærens Rev vorzeitig in eine flache Bucht mit Sand und ohne Steine: Nærland-Sand.

Der angesagte stürmische Südwind wirft eine grobe See auf. Erst als er mittags etwas abnimmt und auf SSW dreht, wage ich Anker-Auf zu gehen. Mit 2 Reffs in den Segeln läuft peri erstaunlich gut gegen See und Wind. Ich kann mein Tagesziel sogar über Egersund hinaus verschieben. Doch abends lässt der Wind doch wieder nach und durchkreuzt meine Hochrechnungen. Erst in der Dunkelheit erreiche ich die auf der Hinreise schon besuchte Bucht Ytre Kalven.  Bei auflandiger Brandung ist mir das Einlaufen in der Dunkelheit in den nicht befeuerten engen Kanal zu gefährlich, so drehe drehe ich ab und steuere Indre Kalven auf der Leeseite der Landzunge an. Hier habe ich zwar keinen Seegang mehr, aber ich kenne diese Bucht noch nicht. Ganz vorsichtig taste ich mich im Schein der Scheinwerfer hinein und finde einen Privatsteg, an dem ich anlege. Auch ein schöner Platz.

Wieder folgt ein Regentag unter Deck, abends von 16 Makrelen gekrönt.

Dann geht es weiter mit Kreuzen nach Süden und Osten. Ich setze Kurs auf Mandal ab und will zum Orpholmsund. In der Einfahrt nach Mandal hinein laufe ich platt vor dem Laken, eine hohe, achterliche See (4 m?) steilt sich auf. Da ich in dem engen Schärenfahrwasser vor dem Wind kreuzen muss löse ich den Bullenstander. Plötzlich kommt ein Brecher und drückt das Heck gegen das Ruder durch den Wind, eine Patenthalse ist die Folge und zerreißt das Großsegel unterhalb des dritten Reffs. M... Ich berge die Reste und will zuerst vor dem Wind nach Mandal hinein, um dort vor dem großen Sandstrand zu ankern und den Schaden zu sichten und ggf. zu reparieren. Da aber morgen am Sonntag kein Segelmacher arbeitet (wenn es dort überhaupt einen gibt?) und ich mit Südwind auch ohne Großsegel gut nach Kristiansand segeln kann, segle ich dann doch nur mit der Genua weiter gen Osten durch die Inseln und Schären bis zum Orpholmsund (ein toller Platz).

Bei Flaute aus Nordost wird die Kreuzerei nach Kristiansand nur unter Genua ziemlich nervig. Hin und wieder muss ich den Motor bemühen, um im Strom Inseln und Felsen auszuweichen. Abends gleite ich in die Bucht von Kristiansand und mache an einer der Bojen vor dem Gästehafen fest. Per Schlauchboot setze ich an Land über und erkunde die Örtlichkeiten. Ich fin-de die Adresse eines Segelmachers, der leider etwa 4 sm südlich liegt, also dort, wo ich gerade herkomme. Eine warme Dusche im sehr schönen Seglerhaus beschließt den Tag.

Der Segelmacher erweist sich als Pleite. Nach langer Suche gefunden will er bis zum näch-sten Tag das Groß reparieren. Doch als ich es abhole, hat er zwar das Tuch ausgeschnitten und ein unpassendes Tuch einzusetzen begonnen, doch bei den ersten Schwierigkeiten beim Nähen die Arbeit eingestellt. So bekomme ich ein Großsegel mit einem großen Ausschnitt gebrauchs-unfähig zurück. Es taugt nur noch für das dritte Reff. Damit mache ich mich auf den Weg zum Skagerak.

Wieder ist der Morgen flau. Aber nach Wetterbericht soll ein günstiger Wind aus NW aufkommen. Optimistisch laufe ich aus. Gleich nach der Durchfahrt aus den Schären angle ich in etwa einer halben 27 Makrelen, von klein bis sehr groß! Das Putzen und Ausnehmen beschäftigt wird mich später noch bis in den Abend. Zunächst motore ich durch die immer wieder schöne Blindleia, um dem SW-Strom vor der Küste zu entgehen. Als ich dann am Nachmittag wieder auf die freie See hinauslaufe, hat der Wind tatsächlich auf S und später WSW gedreht. So kann ich gerade noch Skagen anliegen. In der Nacht legt der sternklaren Wind der Vorhersage entspre-chend bis auf 20 kn zu und bringt mich sehr schnell voran. Es ist eine tolle Nacht: Rauschend se-geln durch die weiß schäumende See, Lichter rundum, am Horizont blitzende Leuchtfeuer, Sterne, ein voller Mond (aber kein Spinnaker! wie 1975).

Trotz 3. Reffs im kaputten Großsegel rausche ich mit 5 bis 7 kn Fahrt übers Skagerak. In den frühen Morgenstunden runde ich wieder Skagens Rev. Hundemüde muss ich nun ziemlich mühsam wieder zurück nach Westen kreuzen um den Sandstrand südlich von Skagen zum Ankern zu erreichen. Nach einer kleinen Mütze voll Schlaf nutze ich den Südwest-Wind und segle in der Abdeckung der Küste nach Süden. Bei Fredrikshavn treffe ich eine "innere Durchfahrt" dicht unter Land als Abkürzung. 5 Bft bringen mich hoch am Wind im Lee der Küste gut voran, doch dreht der Wind immer weiter auf Süd, bis Kreuzen mal wieder angesagt ist und eine lange Nacht: Das Boot stampft sich immer wieder fest. Genervt und übermüdet erreiche ich erst weit nach Mitternacht einen Ankerplatz bei Bønnerup.

Südwind 6-7 bedeutet weiter kreuzen. Aber ich will nach Hause. Gegen zeitweise 30 kn und eine grobe See kämpfe ich mich bis zur Insel Hjelm. Erst nachts erreiche ich sie. Wieder macht sich die Ortskenntnis von früher bezahlt und ich verbringe eine ruhige Nacht im Windschatten nördlich der Insel.

Die Windvorhersagen klingen nicht gut. In der Hoffnung, Südwind für Westkurse Richtung Ārhus und den für später angekündigten westlich drehenden Wind dann für Südkurse zum Kleinen Belt nutzen zu können, breche ich trotzdem auf. Diese Rechnung geht auch in etwa auf – von einigen Stunden Kreuz gegen 8 Bft. abgesehen. Heftige Gewitter- und Schauerböen machen die Segelei schwer. Und es wird saukalt – schließlich ist es ja schon Oktober. Aber kaum scheint die Sonne zwischendurch, sieht alles nur noch halb so schlimm aus. Und mit jeder sm steigt mein Optimismus, noch heute den Kleinen Belt zu erreichen. Und das gelingt auch:

Gegen 21:30 passiere ich die Hängebrücke und laufe kurz darauf durch den Fænøsund in den Gamborgfjord, wo ich um Mitternacht wieder genau an der Stelle ankere, von der ich aufgebrochen war: Nach rund 1440 sm ist die Reise zu Ende.

Einhand zum Nordfjord

und zurück nach Dänemark


Etwas Statistik

Reisetage        :    76

Segeltage        :    39

Ankertage        :    21    25 Ankerplätze

Hafentage        :    16      5 Orte


Seemeilen        : 1440,2 sm  100  %

- unter Segeln  : 1340,3 sm  93,1 %

- unter Motor    :     99,9 sm    6,9 %