Test einer Rettungsinsel
Bericht
Der Test einer Rettungsinsel -
oder wozu man auf einer Seereise einen Stuhl benötigt.
Wie die meisten von Euch wohl wissen werden, fahren wir auf der ANTARES eine automatische Rettungsinsel für acht Personen der Augsbur-ger Ballonfabrik spazieren. Gott sei Dank haben wir sie bis-her noch nicht benutzen müssen, und ich hoffe auch, daß wir es nie im Ernstfall tun müssen. Aber es gibt einem doch ein schö-nes Gefühl der Sicherheit; man schläft sozusa-gen besser, d. h, man schlief besser. Aber ich erzähle es wohl am besten von Anfang an.
Unsere Rettungsinsel sollte also getestet wer-den; an einem Samstagnachmittag gingen eine stattli-che Anzahl von ASVern und Nicht-ASVer in das Münchner Nordbad, um zu sehen, wie so eine Insel funktioniert und wie man mit ihr um-gehen muß. Wenn ich ehrlich sein soll, so freu-ten wir uns wohl auch alle auf die damit verbun-dene Gaudi. Der Container wurde also ins Was-ser geworfen und alle harrten geduldig auf den Ruck an der Reißleine. Der Ruck kam, aber es geschah nichts. Daraufhin hielten einige Bb. die Insel im Wasser fest, während ein anderer an der Leine zog. Doch die Insel (Neupreis eine vierstellige Zahl) reagierte mit kalter Verachtung auf diese Bemühungen. Im Ernstfall hätte die Crew inzwischen 10 Minuten im kalten Nord-seewasser gelegen, Da es aber kein Ernstfall war, hielten nun zwei Mann die Insel am Bek-kenrand fest während ein dritter mit aller Kraft an der Reißleine zog... wieder vergeblich!
Da die Ränder des Beckens ja nicht unterge-hen, konnten wir die Insel wieder ' auf das
Nur gut, daß die See so flach war …
Hoffentlich kommt er an !
Auch Übungen im Bergsteigen sind eine Vorbereitung für Seereisen. Der Nachteil dieser Übung ist, daß man unter dem Boden landet
Schiff schaffen" und die Öffnung an "Deck" ver- suchen. Schließlich benutzten wir einen Stuhl als Hebelarm, um das letzte Stück der Leine aus dem Container zu hebeln. Ich will diesen traurigen Rekord etwas ab-kürzen, es gelang uns am Schluß tatsächlich die Insel (nach 30-35 Minuten) zu öffnen, allerdings nicht im Wasser, sondern auf dem Beckenrand! ! ! Was nun noch über die Insel selbst zu sagen ist, ist schnell ge-tan. Einmal aufgeblasen erwies sie sich als durchaus funktionstüchtig. Man konnte sie re-lativ leicht besteigen, und die gekenterte Insel ließ sich von einem Mann in kurzer Zeit wieder aufri-chten. Das Fortbewegen der Insel mit Hilfe der Paddel ist jedoch etwas schwierig. Daran ist erstens die Unförmigkeit der Insel und zweitens die ungünstige Haltung der Arbeiter schuld, Die Neigung der Insel zum Kentern etwa beim Be-steigen - war übrigens relativ klein. Ausgerüstet war die Insel mit Treibanker, Kappmesser, Ös-faß, Schwamm, zwei Paddel, Beleuchtung (mit Seewasserbatterien), Hinweiskarte "Überleben auf See", Reparaturset, acht Dosen Trinkwas-ser, Dosenöffner, Taschen-lampe und Batterien (seewasserfest verpackt), Trinkbecher, Erste-Hilfe-Set, Seenotsignalen und Tabletten gegen Seekrankheit.
Insoweit entsprach die Insel also durchaus den Vorstellungen, die wir uns von ihr gemacht hat-ten. Der Hauptfehler war, daß kaum ein Crew-mitglied - bei 10 Windstärken, 4 Meter Seegang und 10° warmen Wasser - das Öffnen der Insel erlebt hätte. Dieser Fehler ist natürlich dem Her-steller anzu-lasten, da die Insel offensichtlich falsch gepackt war. Andererseits sollte die Insel aber auch jedes Jahr im Werk gewartet werden und genau dies ist nicht geschehen. Die Ret-tungsinsel fuhr zwei Sommer lang auf der ANTARES mit.
Autor ?
Eigentlich durch Zufall stolperte Thomas Wolter und ich auf der INTERBOOT in den Ausstel-lungsraum der Augsburger Ballonfabrik, Viel-leicht erinnert Ihr Euch noch an den "Test“, den wir mit unserer BFA-Rettungsinsel im Nordbad durchführten? Nun, fast selbstverständlich kam nach kurzer Zeit das Gespräch auf der INTER-BOOT auf das Thema Funktionssicherheit. Treffsicher wurden wir dann auch sofort als ASVer identifiziert, für die BFA sind wir so eine Art Wundertier, denn immerhin meldeten wir als erste eine Rettungsinsel, zu deren Öffnung ein Stuhl notwendig war. Böse Leute könnten nun natürlich argumentieren, die anderen konnten sich vielleicht nicht mehr melden! Doch wir wol-len fair sein. Auf unsere Reklamation hin wurde sogar die Konstruktion der Insel (der Gummiver-schluß an der Stelle, an der die Reißleine aus dem Container kommt) leicht verändert, Wir ha-ben uns davon überzeugen lassen, daß ein sol-ches Mißgeschick wie wir es hatten, nicht mehr vorkommen kann.
Um mein Vertrauen nun noch etwas zu steigern, habe ich mich noch ein bißchen genauer um den Wartungsablauf für eine Sportrettungsinsel gekümmert. Das Ergebnis ist eigentlich dazu angetan mich wieder etwas ruhiger schlafen zu lassen. Beim Bau dieser Inseln hält sich die BFA an die Vorschriften der Seeberufsgenossen-schaft und so wird z. B. immer eine von zehn neu gebauten Inseln zu einem Reißversuch be-reitgestellt. Eine völlig freiwillige Aktion, ebenso wie der Bau nach den entsprechenden Vor-schriften, da dies laut Gesetz für die Sportschif-fahrt nicht notwendig wäre.
Einen Vorschlag aus unserer Erfahrung hätte ich an dieser Stelle aber doch, vielleicht sollte man
bei einem solchen Reißversuch einmal "Ret-tungsfloßlaien" an der Reißleine ziehen lassen (vielleicht sogar akademisch gebildete ?). Man könnte vielleicht auf diese Weise noch ein paar Erkenntnisse über die Handlichkeit gewinnen. Bei der Wartung wird ein solches Floß übrigens nicht aufgerissen, sondern wie auf dem Bild ge-zeigt, von Hand geöffnet. Dann werden alle Kammern aufgeblasen und auf Dichtigkeit ge-prüft. Alles Zubehör wird nun ebenfalls ausge-packt, einzeln kontrolliert, wenn nötig erneuert und wieder zusammengepackt. Die Kontrolle der CO2-Anlage, sowie des Aus-lösemechanis-mus ist auf den nächsten beiden Bildern zu se-hen. Alles dies geschieht natürlich mit der - einem Sicherheitsgerät entsprechenden - Sorgfalt, so daß Versager eigentlich nicht mög-lich sind.
Sind nach einer genauen Checkliste alle Posi-tionen geprüft, und wenn alles Zubehör wieder eingepackt ist, wird das Floß schließlich auch noch neu einkalkuliert, die Luft wird wieder abgelassen und das ganze wieder sorgfältig in dem Container oder der Tragetasche verpackt.
Ich sagte schon, bei einer regelmäßigen War-tung, ist die Wahrscheinlichkeit für einen Versa-ger fast gleich Null. Andererseits haben wir mit akademischer Genauigkeit gezeigt, daß "fast Null" und "Null" eben doch zwei verschiedene Dinge sind.
Auf der Messe in Friedrichshafen hat eine (übri-gens sehr nette) Mitarbeiterin der BFA mit uns wetten wollen, daß wir den "Trick" nicht wieder-holen könnten. Ich habe die Wette nicht gehal-ten, denn ich glaube und hoffe diese Wette zu verlieren, wenn ich eine solche Insel einmal brauche.
Noch einmal Rettungsinsel
- diesmal ohne Stuhl